Stufenweise Wiedereingliederung

#1 von SBVFrankfurt , 16.01.2012 10:07

Quelle: IFB

Stufenweise Wiedereingliederung – was heißt das und wie funktioniert es?
„Stufenweise Wiedereingliederung“ – ist Ihnen das ein Begriff? Was dahinter steckt und wann dieses Verfahren zur Anwendung kommt, verrät Ihnen diese Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts.

Das ist passiert:

Der klagende Arbeitnehmer war für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt. Auch eine Schwerbehinderung trat ein. Schließlich empfahl der behandelnde Arzt „Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben“ mit einer anfänglichen Beschäftigung von drei Stunden am Tag. Dies vermerkte er auf einem dafür vorgesehenen Vordruck der Krankenkasse. Die auf der Bescheinigung unter der Überschrift „Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen Arbeitsfähigkeit absehbar?“ vorgedruckten Rubriken „ja, ggf. wann“ und „z.Z. nicht absehbar“ waren allerdings nicht ausgefüllt.

Mit dem ärztlichen Empfehlungsschreiben in der Hand verlangte der Arbeitnehmer die stufenweise Wiedereingliederung von seiner Arbeitgeberin. Diese lehnte aber ab. Zu einer derartigen Beschäftigung sei sie schließlich nicht verpflichtet.

Das sagt das Gericht:

Auch das Bundesarbeitsgericht erteilte dem Wunsch des Arbeitnehmers auf eine stufenweise Wiedereingliederung eine Absage.

Mit der stufenweisen Wiedereingliederung (§ 74 SGB V, § 28 SGB IX) wollen die Krankenkassen und sonstigen Sozialversicherungsträger die Rückkehr des Arbeitnehmers in das aktive Erwerbsleben erleichtern. So erhält der betroffene Arbeitnehmer während der stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit weiterhin die ihm sozialrechtlich zustehenden Leistungen (z.B. Krankengeld).

Ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht grundsätzlich nicht. Denn im arbeitsrechtlichen Sinn gilt der Beschäftigte weiterhin als arbeitsunfähig, weil er seinen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag nicht bzw. nicht voll nachkommen kann. Sind nachteilige gesundheitliche Folgen zu erkennen oder zu befürchten, kann der Schwerbehinderte die Arbeit während der stufenweisen Wiedereingliederung auch abbrechen.

Ein Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben kann sich für schwerbehinderte Arbeitnehmer aus § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX ergeben. Demnach ist ein schwerbehinderter Mensch so zu beschäftigen, dass er seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann.

Voraussetzung für einen Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung ist die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung beim Arbeitgeber. Diese muss neben der attestierten Arbeitsunfähigkeit folgende Inhalte aufweisen:

1) einen Wiedereingliederungsplan über die aus ärztlicher Sicht zulässige Arbeit
2) eine Prognose darüber, ob und wann mit einer Wiederherstellung der vollen oder teilweisen Arbeitsfähigkeit zu rechnen ist.

Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, so kann der Arbeitgeber seine Mitwirkung an der Wiedereingliederung ablehnen. Denn er muss anhand der Bescheinigung beurteilen können, ob er an der Wiedereingliederung mitwirken muss oder wegen der Art oder der voraussichtlichen Dauer der Maßnahme berechtigt ist, sie als unzumutbar abzulehnen (§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX).

Im vorliegenden Rechtsstreit fehlte es an der erforderlichen Prognose über die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit. Aus diesem Grund hatte der schwerbehinderte Arbeitnehmer das Nachsehen.

Das bedeutet es für die Praxis:

Schwerbehinderte Arbeitnehmer können sich für ihren Anspruch auf stufenweise Wiedereingliederung auf § 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX berufen. Zu beachten ist aber immer, dass die Bescheinigung des behandelnden Arztes den genannten Anforderungen genügen muss, sprich einen Wiedereingliederungsplan samt Prognose zur Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit enthält. Sie muss auch dem Arbeitgeber vorgelegt werden.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13.06.2006 - 9 AZR 229/05 -

SBVFrankfurt  
SBVFrankfurt
Frischling
Beiträge: 11
Registriert am: 23.02.2011


   

**
Gleichstellungsantrag

Xobor Einfach ein eigenes Xobor Forum erstellen
Datenschutz